Präventionsprojekt „EDDY“ an Volksschulen: Prävention wirkt! Präventionsprogramm zur Eindämmung von Adipositas bei Kindern
Die Zahlen sind alarmierend: Laut WHO sind 30% der Buben und 22% der Mädchen im Alter von sechs bis neun Jahren in Österreich bereits übergewichtig oder fettleibig. Das Österreichische Akademische Institut für Ernährungsmedizin (ÖAIE) und das Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften der Universität Wien präsentieren gemeinsam die Ergebnisse des Projekts EDDY. Dieses Präventionsprogramm, das in Zusammenarbeit der Expert:innen beider Institutionen an Wiener Volksschulen durchgeführt wurde, zeigt, wie eine umfassende Aufklärung zu Ernährung und Bewegung präventiv wirken kann.
Ein Kipferl am Schulweg, Pausenscrollen am Handy und Fast Food zum Mittag- oder Abendessen. Falsche Ernährung gepaart mit zu wenig bzw. falscher Bewegung führt dazu, dass die Anzahl der übergewichtigen bzw. adipösen Kinder schon im Volksschulalter steigt.
EDDY – Präventive Maßnahmen sind wirksam
Das wissenschaftlich begleitete Projekt EDDY wird seit 2022 vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung gefördert. Der Initiator, Univ. Prof. Dr. Kurt Widhalm, Präsident des ÖAIE und Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, hat sich zum Ziel gesetzt, die Entstehung von Übergewicht, Adipositas und kardiovaskulären Risikofaktoren bei Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken. In einer Wiener Volksschule wurden in einem Zeitraum von knapp über zwei Jahren die Schüler:innen durch Ernährungs- und Sportschulungen zu einer gesünderen Lebensweise animiert. Wie die Ergebnisse zeigen, sind diese präventiven Maßnahmen bei Kindern wirksam. Bereits eine zweijährige Intervention kann sich positiv auf die Lebensqualität auswirken, den Blutdruck senken und die sportmotorische Entwicklung der Kinder signifikant verbessern.
Ass.-Prof. Dr. Rhoia Clara Neidenbach vom Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft der Universität Wien zeigt auf: „Unsere Forschung der letzten zwei Jahre zeigt, dass gezielter Sport- und Ernährungsunterricht die Lebensqualität von Volksschulkindern verbessert, ihre Schulmotivation stärkt, die sportlichen Fähigkeiten und Gesundheit fördert und zu mehr Bewegung in der Freizeit anregt. Angesichts der alarmierenden Übergewichtsrate und Bewegungsarmut in Österreich ist es wichtig, diesen präventiven Ansatz allen Kindern zugänglich zu machen.“
Appell an die Bundesregierung
Widhalm zeigt sich ob des rasanten Anstiegs besorgt: „Wenn die Zahlen weiterhin so steigen, wird dies enorme Auswirkungen auf die nächsten Generationen, sowohl gesundheitspolitisch als auch ökonomisch, haben – leider nicht im positiven Sinn. Wir können im Zuge unseres Pilotprojekts EDDY an Wiener Volksschulen aufzeigen, dass rechtzeitige Schulung zu gesunder Ernährung und ausreichender Bewegung helfen kann, Übergewicht und Adipositas bei Kindern zu vermeiden bzw. einzudämmen.“
Auch der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts, Prof. Dr. Gabriel Felbermayr, warnt vor möglichen Folgen: „Etwa 8% der Gesundheitsausgaben in Österreich gehen auf das Konto der Übergewichtigkeit. Diese verstärkt zudem noch soziale Ungleichheit, senkt die gesamtwirtschaftliche Produktivität und verringert das Arbeitskräftepotenzial. Die OECD schätzt, dass diese Effekte in ihren Mitgliedsländern das BIP zwischen 2020 und 2050 im Durchschnitt um 3,3% absenken. Umgelegt auf Österreich bedeutet das in Preisen von 2022 circa 1500 Euro weniger pro Kopf. Staatliche Maßnahmen wie ein gesundes Mittagessen in der Schule, mehr Sportunterricht oder eine zielgerichtetere Besteuerung von Lebensmitteln wären hoch rentable Investitionen.“
„Die kommende Bundesregierung wird gefordert sein, hier die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen“, bekräftigt Widhalm. Die Expert:innen verweisen basierend auf Studienergebnissen auf folgende Argumente:
- Die Prävalenz von Übergewicht/Adipositas in Österreich beträgt derzeit ca. 30% bei Buben, 22% bei Mädchen. 80% der übergewichtigen Kinder werden als Erwachsene auch übergewichtig sein – mit allen Folgeerkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, psychischen Störungen.
- Schätzungen der WHO sagen weltweit ein weiteres dramatisches Ansteigen der Prävalenz voraus. Daher fordert die WHO nachweisbar wirksame Maßnahmen gegen Übergewicht/Adipositas bei Kindern und Jugendlichen.
- Das EDDY-Projekt ist die einzige mit wissenschaftlichen Methoden durchgeführte Präventionsmaßnahme gegen die Entwicklung von Übergewicht in Österreich.
- Die Daten des EDDY-Projekts aus früheren Jahren sind wissenschaftlich publiziert.
- Die Ergebnisse des EDDY-Projekts zeigen klar auf, dass die Intervention wirkt: Die Prävalenz des Übergewichts/Adipositas sinkt, Gesundheitsparameter verbessern sich, die körperliche Fitness und die Lebensqualität steigt an. Für die Umsetzung sind intensive Schulungen des Personals wichtig.
- Die Kinder der Interventionsschule weisen im Vergleich zu beiden Kontrollgruppen signifikant niedrigere Blutdruckwerte auf. EDDY kann effektiv zur Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit beigetragen. Ein niedrigerer Blutdruck kann auf eine bessere Herz-Kreislauf-Funktion und ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hinweisen.
- Die OECD gibt die Ausgaben für ernährungsabhängige Erkrankungen mit mehr als 8% des Gesundheitsbudgets an und fordert deshalb nachdrücklich präventive Maßnahmen im Kindesalter.
- Auch übergewichtige Kinder machen beim Sport begeistert mit – sie sind gut motivierbar.
- Eine umfassende Dokumentation aller Gesundheitsdaten ist unumgänglich. Es müssen Anreize im Gesundheitssystem geschaffen werden, die einen „gesunden Lebensstil“ in den Familien umfassend fördern.
- Ein gemeinsames Engagement von Politik, Wirtschaft, Pädagog:innen und Eltern ist erforderlich.
- Es braucht eigene Programme für adipöse und extrem adipöse Kinder.